Kontemplation ist für mich…
Sr. Magdalene Bauer (Kevelaer)
…das Ohr an Ihm haben – immer!
"Wohl jedes Leben kennt auch eine kontemplative Dimension, die uns in Berührung und Beziehung bringt mit uns selbst und mit Gott, dem Schöpfer aller Dinge. Denken wir an die Augenblicke im Leben, in denen wir staunend vor etwas oder jemandem stehen, sie "schauend" in uns aufnehmen, alle Sinne davon gefangen nehmen lassen. "
…Heimweh nach Gott
Und wir schauen ein Leben lang. Weil unser Tief-Innerstes nie satt wird vom Geschaffenen. Wir suchen nach Gott, aus dem wir sind und zu dem wir uns zurücksehnen. Zu Ihm, der unser Herz unruhig gemacht hat, bis es in ihm ruht, wie Augustinus sagt. Diese Suchbewegung, die das tiefe Heimweh nach Gott in sich trägt, nenne ich den Antrieb der mystischen Bewegungen, die wir in allen großen Religionen (etwa in der Kabbala und dem Chassidismus des Judentums, im Zen des Buddhismus, im Sufismus des Islam) finden.
…Gott flüstert
Vereinigung mit Gott, das ist es, was wir Christen suchen, wenn wir uns ihm im kontemplativen Gebet nähern. Wir möchten ihn doch wenigstens anfanghaft spüren – uns nah, ja in uns. Und wir in ihm, den wir so lieben.
Über die Heilige Klara wird berichtet: "Nachdem jedoch die anderen Schwestern daran gingen, ihre müden Glieder auf hartem Lager neu zu stärken, harrte sie selbst stets wachsam und unerschütterlich im Gebete aus, damit sie heimlich den Inhalt des göttlichen Flüsterns erlausche." Gottes Flüstern – man muss schon gut hinhören.
…Faszination der Nacht
Klara wusste wohl noch etwas von der Faszination der Nacht. Niemals sonst ist die Stille so spürbar, so hörbar voll. Klara war ihrem Gott bis an die Grenze, die das Geschöpfsein uns Menschen setzt, entgegengegangen, sich unterwegs von allem Ballast befreiend, nur mit sich selbst in ihren leeren Händen. Wenn wir uns Gott so aussetzen, kann Begegnung stattfinden, und zwar Begegnung mit uns selbst, Begegnung mit den Dämonen, die Fridolin Stier so treffend "Abergeister" nennt, und Begegnung mit Gott, der vielleicht mit uns ringt bis wir zu unserer Wahrheit stehen, zu unserem Namen und damit zu unserem Wesen, zu unserem So-sein. Da erst geschieht Wandlung, Läuterung, Heilung.
…Gottes Glanz wider strahlen
Erfahren aber auch vielleicht als Gott, der uns so randvoll mit sich selbst erfüllt, dass wir manchmal etwas wider strahlen dürfen von seinem Glanz – wie es von Klara heißt. Von ihr, die eine Hingabe lebte, der keine Not und Last der anderen entging. Ihr "ganz Ohr sein" galt Gott und Mensch. Begegnete Klara in der Kontemplation Christus, so war auch alles andere durchsichtig auf ihn hin. Und da beginnt für mich das kontemplative Gebet sich auszuweiten in meinen Alltag. Es wird zu einer Haltung: Ich habe den Tag hindurch mein Ohr an ihm. Als wartete ich auf eine wichtige Nachricht. Ist nicht auch dann mein Ohr aufs Telefon fixiert?
…Du, bist Du das?
Das Ohr an Ihm haben. So müsste es eigentlich sein in meiner Gottesbeziehung: Ein Ohr immer bei Ihm, unter allem darunter, was der Tag so bringt. Und durch alles hindurch das angespannte Lauschen: Du, bist Du das?
Es liegt an unserer Offenheit, an der Weite unseres Herzens, ja an unserer Liebe, ob und wie sehr wir Ihn in all dem wahrnehmen, was uns Tag für Tag umgibt.