Die Tür in eine andere Dimension

Im Gebet erfährt Schwester Teresa Benedicta das große Geheimnis in sich

Sie blickt auf trockene Äste, die sich kreuzen. Die an der Wand hängen. An der leeren. Es ist still um sie herum. In ihr drin muss es erst still werden, wenn Schwester Teresa Benedicta zu beten beginnt.

"Total still werden"

Beten - das heißt für die Ordensfrau: "Total still werden, um zu erfahren, dass in mir ein großes Geheimnis lebt. - "Spüren können", sagt sie. Nicht: "Reden, machen, sich bemühen..." Es klingt, als sei das Gebet für Schwester Teresa Benedicta etwas Passives. Und tatsächlich: "Man darf sich nichts vornehmen. Man merkt in Ruhe, was kommt. Gott kennt es ja, Ihm brauche ich es nicht zu sagen." Schon Edith Stein, die aus dem Konzentrationslager geschrieben hatte "Konnte bisher herrlich beten", habe gezeigt: Das Beten ist nicht vom Menschen gemacht. Es ist ein Geschenk. Und dennoch fordert das Beten für die Schwester im Karmel höchste Aktivität: "Ich muss möglichst viel - oder alles - lassen." Aktivität jedoch, die sei die Spitze des Eisbergs, der sich Leben nennt. Im Gebet bekomme man von der großen, geheimnisvollen Masse darunter etwas zu spüren. In der Tiefe der Gottesbegegnung erfahre man Frieden.

Schwester Teresa Benedicta braucht die Stille zum Gebet. Sie braucht die Kargheit des Raumes, einen intimen Ort. In ihrer Klosterzelle hängt das Kreuz, das sie aus groben Ästen gebaut hat. Hier widmet sie sich dem "inneren Gebet". Hier öffnet sich "die Tür zu einer anderen Dimension". Hier hört sie auf ihren Atem, hört auf die Stille. "Das innere Gebet ist wie eine Haltung", sagt sie. Eine, die manchmal auch schwer fällt. "Du, Gott!" sagt sie dann zu Ihm, den sie nicht sieht, nicht hört. "Du", der ihr "gar nicht sehr nahe ist", an den sie "mehr Fragen hat" als sie Antworten von ihm bekommt. Und in dessen Gegenwart sie dennoch "staunt, hofft, wartet".

Und manchmal auch bittet. Nöte, die ihr angetragen werden, stellt sie vor Gott. Doch weniger als formulierte Anfrage denn als ein Mittragen durch den Tag. Auch eigene Ängste, Zweifel, Anliegen werden erst zum Gebet, wenn "ich sie vor Gott rotieren lasse". Ein Selbstgespräch sei noch kein Gespräch mit Gott. Aber ein Bittgebet kann in ein flehendes Schweigen einmünden, das alles von Ihm erwartet.

"Manchmal beklemmend"

Intensiv, still, schweigend… ja, manchmal sei das auch "beklemmend". Manchmal, wenn man flüchten wolle vor sich selbst. Wenn man das Gefühl der Verlassenheit spüre. Doch: "Zum Gebet gehört auch, die Einsamkeit auszuhalten", sagt Schwester Teresa Benedicta. Und vertraut auf diesen schweigenden Gott, der dennoch da ist, dessen Gegenwart dann wieder beglückend zu erahnen  ist. In jenem Raum der Tiefe, den sie selbst nicht "machen" könne, der sich ihr öffne, wenn sie sich auf das Verborgene einlässt. Stille ist ein wichtiger Weg dorthin.

Kreuze an der leeren Wand

Schwester Teresa Benedicta sitzt in ihrer Klosterzelle vor den knorrigen Ästen, die sich kreuzen an der leeren Wand. Sie sitzt gerade, entspannt, manchmal mit geöffneten Händen. Sie ist still. Sie betet.

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